Tesla-Werbung zu Autopilot und autonomem Fahren irreführend

Das Landgericht München I hat am 14.07.2020 einer Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. vollumfänglich stattgegeben, mit der sich diese gegen bestimmte Werbeaussagen der beklagten Tesla Germany GmbH wendet. Als irreführend für Verbraucher sah das Gericht die Bezeichnung des Fahrassistenzsystems, mit dem Tesla ihre Fahrzeuge serienmäßig ausstattet, als "Autopilot" an sowie die Bewerbung einzelner separat buchbarer Komponenten unter der Überschrift "Volles Potenzial für autonomes Fahren".

Werbung mit Autopilot und "vollem Potenzial für autonomes Fahren"

Beanstandet wurde ein im Zusammenhang mit einem Bestellvorgang des Fahrzeugs Typ "Model 3" integrierter Text auf der Website der Tesla Germany GmbH aus dem Jahr 2019. Laut Werbeaussage ermöglicht der "Autopilot|Inklusive" ein automatisches Lenken, Beschleunigen und Bremsen unter Berücksichtigung von Fahrzeugen und Fußgängern auf seiner Spur. Geworben wurde zudem mit dem "vollen Potenzial für autonomes Fahren". Dieses ermöglicht laut Werbeaussage Navigieren mit Autopilot-Funktionalität, also die automatische Fahrt auf Autobahnen von der Ein- bis zur Ausfahrt einschließlich Autobahnkreuzen und Überholen von langsameren Fahrzeugen. Ferner gibt es laut Werbung eine Einparkautomatik für paralleles und rechtwinkliges Einparken. Zudem wurde damit geworben, dass das geparkte Auto durch "Herbeirufen" zum Besitzer kommt. Ferner wurden unter dem Punkt "bis Ende des Jahres" weitere Funktionen in Aussicht gestellt: Ampel-/Stoppschilder-Erkennung mit Anhalte-/Anfahrautomatik und automatisches Fahren innerorts.

Hinweis auf erforderliche Überwachung durch Fahrer

In der Werbung hieß es weiter, das "Funktionspaket für autonomes Fahren" könne auch nach der Auslieferung erworben werden. Allerdings würde sich der Preis dann aufgrund der kontinuierlichen Erweiterung mit neuen Merkmalen im Laufe der Zeit wahrscheinlich erhöhen. Zudem wurde im Text darauf aufmerksam gemacht, dass "die gegenwärtig aktivierten Funktionen eine aktive Überwachung durch den Fahrer" verlangen – ein autonomer Betrieb des Fahrzeugs sei damit nicht möglich. Die Aktivierung und Verwendung von Autonomiefunktionen verlangten dagegen den Nachweis über Milliarden von gefahrenen Kilometern, dass ihre Zuverlässigkeit das Vermögen von menschlichen Fahrern weit überschreitet. Zudem seien für den autonomen Betrieb gesetzliche Genehmigungen erforderlich, die je nach Rechtsprechung noch länger dauern dürften. Im Zuge der Weiterentwicklung dieser Selbstfahrfähigkeiten werde das gekaufte Fahrzeug kontinuierlich über Mobilfunk aktualisiert und aufgewertet.

LG bejaht irreführende geschäftliche Handlungen

Nach Auffassung der des LG München I stellen sich sowohl die Werbeaussage als Ganzes als auch vom Kläger separat angegriffene Bestandteile als irreführende geschäftliche Handlungen gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG dar. Denn die Verwendung der maßgeblichen Begriffe und Formulierungen erwecke bei den angesprochenen Verkehrskreisen – im konkreten Fall den Durchschnittsverbrauchern – eine Vorstellung, die mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht in Einklang stehe.

Begriff "Autopilot" suggeriert tatsächlich nicht mögliches vollkommen autonomes Fahren

In tatsächlicher Hinsicht handele es sich sowohl beim Tesla-Autopiloten als auch bei dem zubuchbaren Paket "Volles Potenzial für autonomes Fahren" um Komponenten eines Fahrassistenzsystems, bei dem eine Fahrt, ohne dass menschliches Eingreifen erforderlich wäre, nicht möglich sei, so das LG. Durch die Verwendung der Bezeichnung "Autopilot" und anderer Formulierungen suggeriere Tesla aber, ihre Fahrzeuge seien technisch in der Lage, vollkommen autonom zu fahren.

Autonomer Fahrzeugbetrieb in Deutschland entgegen hervorgerufenem Eindruck nicht zulässig

Weiter werde der Eindruck erweckt, ein autonomer Fahrzeugbetrieb sei in der Bundesrepublik Deutschland straßenverkehrsrechtlich zulässig, was jedoch nach den geltenden Vorschriften (§§ 1a f StVG) nicht der Fall sei. Der von Tesla vorgehaltene Hinweis am Ende der Website beseitige die Irreführung mangels inhaltlicher Klarheit und Transparenz nicht.

LG München I, Urteil vom 14.07.2020 - 33 O 14041/19

Redaktion beck-aktuell, 15. Juli 2020.